Warum Nähe kein spontanes Wochenendprojekt ist und wie man sie trotzdem wiederfindet
In diesem Artikel erfährst du, wie Paarzeit im Alltag möglich wird, trotz voller Kalender, Stress und Wäschebergen.
„Lass uns doch am Wochenende mal wieder was schönes zusammen machen. Nur wir beiden. So wie früher.“
„Klar! Aber warte, da ist doch… Moment. Der 40. Geburtstag unseres Nachbarn, das geht nachmittags los. Außerdem wollten wir noch zum Wertstoffhof. Und was war eigentlich mit deiner Mutter?“
Kurze Stille. Dann beide synchron: „Lass uns drüber reden, wenn wir endlich mal wieder mehr Zeit haben.“
Spoiler: Haben sie nicht, zumindest nicht in diesem Leben. Also: reden sie einfach nicht mehr darüber. Und gemacht wird am Wochenende irgendwas mit Garten, Haushalt, Einkaufszettel und „nur kurz Mails checken“. Paarzeit? Ach ja. Die liegt wahrscheinlich zwischen der Türzarge, die noch ausgetauscht werden muss, und dem dritten offenen Tab im Kopf. Genau da, wo man sie nie findet, weil sie niemals laut genug schreit, um auf sich aufmerksam zu machen.
Liebe im Alltag? Zwischen WhatsApp-Ton und Waschmaschinenpiep?
Die Wahrheit ist: Kein Mensch plant sich ernsthaft Paarzeit so ein, wie den nächsten Vorsorgetermin. Außer man macht gerade eine Therapie, hat ein Baby oder war kurz davor, sich beim Schützenfest im Nachbarsdorf gegenseitig zu verlassen. Dann vielleicht schon. Was hält uns eigentlich davon ab diese Zeit fix einzuplanen? Zu unromantisch, zu unspontan, wahre Liebe muss man doch nicht planen, wenn andere Sachen anfallen, dann muss man halt zurückstecken… Das ist eine kleine Auswahl an Gründen, die ich zu hören bekomme, nachdem ich die hochgezogenen Augenbrauen sehen durfte, ausgelöst durch meinen Vorschlag Paarzeit in einem wuseligen, trubeligen Alltag fix zu planen und verbindlich einzutragen. Ja sicher, früher war das vielleicht nicht notwendig. War euer Leben zu diesem Zeitpunkt wirklich auch schon so voll? Wenn ja, was hat sich seitdem verändert? Wenn nein, dann scheint der Grundsatz zu gelten: Wer am lautesten schreit bekommt die meiste Aufmerksamkeit. Liebe schreit nicht laut. Liebe geht leise. Ansonsten lebt man halt so nebeneinander her. Man kennt sich ja. Es reicht doch, sich zuzunicken, wenn einer fragt, ob man noch Reis braucht. Wirklich?
Tja.
Das Problem ist nicht das Nebeneinander. Sondern das permanente „irgendwann machen wir wieder was schönes“. Dieses permanente vertagen in die Zukunft. Leben & durchhalten im jetzt, hoffen & bitten für eine besseres „irgendwann mal“. Als wäre Nähe ein Sonderangebot bei schlechtem Wetter. Nur gültig am Wochenende und nur solange der Vorrat reicht. Dabei funktioniert Beziehungspflege nicht im Vorbeigehen. Nähe ist wie Brot: frisch am besten, sensibel gegenüber Zeit und Temperatur und definitiv nicht unbegrenzt haltbar. Sie liegt nicht wochenlang im Schrank, um dann spontan wieder herzhaft aufzuleben. Nähe trocknet aus, wenn man sie nicht nährt. Und man merkt oft erst, dass sie fehlt, wenn alles bröselt, im Ton, in den Blicken, in der Stimmung. Dann ist es wie beim Brot steinhart und schmeckt nicht mehr.
Hier nochmal in der Übersicht:
Die Top 5 Ausreden für das Verschieben von Paarzeit und was sie meistens wirklich bedeuten.
Ihr habt weiter oben vielleicht schon einige dieser Sätze wiedererkannt. Hier kommen sie nochmal gebündelt, als kleine Ausrede-Sammlung mit Augenzwinkern und Klartext. Bitte nutzt diese Liste nicht als kreative Inspiration für weitere Aufschiebemanöver, sondern als ehrlichen Hinweisgeber: Wo steht ihr gerade? Und was dürfte vielleicht ein bisschen mehr Raum bekommen?
- „Wir haben gerade einfach keine Zeit.“
Bedeutung: Wir priorisieren anderes. Nicht böse gemeint. Aber klar gesagt.
Vielleicht wäre genau jetzt die Frage hilfreich: Was bräuchte es mehr?
Mehr Raum für Unspektakuläres? Mehr Ehrlichkeit darüber, was wirklich fehlt?
Mehr Mut, sich gegen den Dauerfunktioniermodus zu entscheiden? - „Es ist doch gerade alles okay.“
Bedeutung: Wir haben uns mit dem Mindestmaß arrangiert. Komfortzone Deluxe.
Vielleicht wäre genau hier die Frage angebracht: Was fehlt und was dürfte mehr Raum bekommen? Vielleicht eine Portion echter Neugier? Ein Gespräch, das über „Wie war dein Tag?“ hinausgeht? Oder ein Moment, in dem es nicht ums Funktionieren geht, sondern ums echte Fühlen. Das mag vielleicht zunächst unbequem sein und doch meistens einfach dringend notwendig. - „Wenn der Stress vorbei ist, machen wir was.“
Bedeutung: Niemals. Denn „Stress“ ist das neue Wetter: Immer irgendwie da.
Vielleicht wäre hier die Frage hilfreich: Was darf trotz Stress Raum bekommen? Vielleicht kleine Inseln des Miteinanders? Ein kurzer Blick, der mehr sagt als Worte. Oder das bewusste „Nein“ zu noch einer Verpflichtung, damit wieder ein „Ja“ für uns entsteht. - „Wir brauchen doch keinen fixen Termin für Zweisamkeit.“
Bedeutung: Wir haben vergessen, wie Zweisamkeit eigentlich aussieht.
Was fehlt hier wohl? Vielleicht echte Verbindlichkeit. Ein liebevoller Rahmen, in dem Nähe nicht nur „irgendwann mal“ passiert, sondern Bestand hat. Vielleicht braucht es mehr Mut, romantische Verbindlichkeit nicht mit Spießigkeit zu verwechseln und sich einzugestehen, dass Beziehung genauso Pflege braucht wie jede andere Form von Wichtigkeit in unserem Leben. - „Gerade ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt.“
Bedeutung: Wir hoffen auf einen perfekten Moment anstatt zu erkennen, dass gute Momente gemacht, nicht gefunden werden.
Was fehlt hier? Vielleicht ein kleiner Anfang. Der Mut, Unperfektes als genug anzusehen. Ein Lächeln inmitten von Chaos. Oder ein bewusster Moment, in dem man sagt: Jetzt. Nicht weil es perfekt ist, sondern weil wir es verdient haben, uns gerade jetzt wiederzusehen.
Also… was jetzt? Paarzeit deluxe mit Spa-Wochenende und allem Zipp & Zapp?
Nein, keine Sorge. Niemand muss gleich romantische Wochenendtrips planen (außer ihr habt Bock drauf, dann bitte los – falls das Budget es hergibt, denn ja: auch Paarzeit kostet manchmal Geld. Aber wisst ihr was? Sie kostet auch dann, wenn sie nicht stattfindet. Nur eben auf eine andere Art. In Frust. In Distanz. Mit dem leisen Gefühl von „Wir hatten mal mehr…“. Also, vielleicht ist ein Kaffee zu zweit gerade unbezahlbar. Richtig.).
Paarzeit beginnt nicht mit Koffern, sondern mit dem, was zwischen zwei Terminen noch atmen darf. Was es oft braucht, sind keine großen Gesten, sondern kleine Wiederannäherungen: ein echtes Gespräch, ein bewusstes Innehalten, ein „Ich hör dir zu“ statt „Warte kurz, ich bin gleich fertig“ und „fertig“ kommt nie.
Genau deshalb hier ein paar Ideen, die im Alltag wirklich funktionieren: einfach, ehrlich und sofort umsetzbar:
1. 15-Minuten-Gespräche mit Handyverbot
Kein Scrollen, kein Wäschelegen, kein Multitasking. Einfach nebeneinander sitzen und fragen: „Wie geht’s dir eigentlich? Also, wirklich?“
2. Kleines Ritual statt großer Plan
Morgens Kaffee auf dem Balkon? Abends 10 Minuten auf dem Sofa kuscheln? Wenn’s einmal klappt, ist das kein Zufall. Das ist der Anfang von neuer Verbindung.
3. ABC-Dating
Ihr kennt das schon? Wenn nicht: Jeder Buchstabe steht für ein gemeinsames Date. Von „A wie Aperitif am Dienstag“ bis „Z wie zusammen zelten im Wohnzimmer“. Klingt albern. Bringt Lachen. Und genau das fehlt oft.
Wenn ihr noch tiefer in diese Idee eintauchen wollt oder Lust habt euch stadtbezogen inspirieren lassen, dann schaut unbedingt in meine ausführlichen Blogartikel auf carinaneuner.com.
- ABC – Dating
- Paarzeit in Bielefeld
- Paarzeit in Münster
- Paarzeit in Gütersloh
- Paarzeit in Rheda-Wiedenbrück
- Paarzeit in Lippstadt
- Paarzeit in Soest
- Paarzeit in Beckum
4. Gemeinsam schweigen, ganz bewusst
Man muss nicht immer reden, um verbunden zu sein. Es reicht oft, wirklich gemeinsam da zu sein. Physisch, doch vor allem innerlich anwesend. Dieses bewusste Miteinander im Schweigen kann unglaublich verbindend sein. Musik hören und sich dabei zulächeln. Spazieren gehen, ohne Ziel, dafür mit Zeit füreinander. Kein Gesprächszwang, keine Tagesordnung, keine Lösungssuche. Einfach nebeneinander herlaufen, sitzen, atmen, am der Hand nehmen. Nähe entsteht manchmal genau da, wo Worte Pause machen dürfen. Wo der Blick reicht, um zu sagen: Ich bin bei dir.
Fazit mit Herz & Augenzwinkern
Paarzeit ist kein Kalendertermin, doch ohne Kalender kommt sie oft nie.
Es braucht kein großes Tamtam, keine Kerzenflut, keinen Helikopterflug über die Alpen (außer ihr steht drauf, dann unbedingt machen, es ist sehr beeindruckend). Es reicht manchmal schon das ehrliche Interesse, Forscherlupe für das Gegenüber in die Hand und staunen. Das Lächeln über einen schief gelaufenen Tag. Die Hand, die einfach mal nach der anderen greift.
Denn am Ende ist Paarzeit genau auch das: Ein „Ich seh dich“ mitten im Wäscheberg, im Trubel zwischen ungeöffneten Briefen, halbleerer Kaffeetasse und der Einkaufsliste am leeren Kühlschrank. Nicht inszeniert, nicht perfekt. Einfach echt und herzenswarm. Manchmal genau dort am wertvollsten, wo man sie am wenigsten vermutet.
Und ja, das zählt. Sehr sogar.
Vielleicht ist genau jetzt euer Moment. Nicht perfekt. Nicht durchgeplant. Authentisch. Wenn ihr merkt, dass euch gerade mehr Abstand als Nähe begleitet, dann wartet nicht auf bessere Zeiten. Holt euch Unterstützung, wenn ihr nicht weiterkommt. Lasst euch inspirieren, wenn euch der Blick füreinander verloren gegangen ist. Ihr müsst das nicht allein schaffen. Niemand muss das. Manchmal beginnt alles mit einem Satz wie: „Wollen wir uns wieder näherkommen, so richtig?“
Carina Neuner
Paarberaterin für Lippstadt, Umgebung und für alle, die sich zwischen zwei To-dos wiederfinden möchten.
Du willst den Artikel teilen? Mach das gerne, denn vielleicht braucht ein anderes Paar da draußen gerade genau diese Erinnerung: Nähe darf einfach sein.